Das in Flensburg ansässige European Centre for Minority Issues – ECMI startet eine großflächige Umfrage zu Sprachverhalten und Spracheinstellungen in nordfriesischen Familien, die wichtige Erkenntnisse zu den Mustern der intergenerationalen Sprachweitergabe in der Region liefern soll. Außerdem geht es in der Umfrage um die sprachbezogene Unterstützung, die sich Eltern in Nordfriesland wünschen. Forschungsleiterin ist die renommierte Soziolinguistin Dr. Ruth Kircher (Foto links), die seit über 20 Jahren im Bereich Mehrsprachigkeit und Minderheitensprachen forscht. Vor ihrer Tätigkeit am ECMI forschte Ruth an Universitäten und Forschungszentren in Kanada, Großbritannien und den Niederlanden, wo sie zahlreiche umfängliche Studien zu Minderheitensprachen in Europa und Nordamerika durchführte. Ruths bisherige Forschungserkenntnisse fließen nun in das Nordfriesland-Projekt mit ein, das sie zusammen mit ECMI Kolleginnen Dr. Pavlína Heinzová (Foto rechts) und Katharina Jürgensen (Foto Mitte) und in Zusammenarbeit mit Tineke Heck-Lemke von der Europa-Universität Flensburg durchführt.
Im „Sprachenland“ Nordfriesland wird neben dem Hochdeutschen auch Plattdeutsch, Dänisch und natürlich Nordfriesisch gesprochen. Auf Letzterem liegt das Hauptaugenmerk des Projekts. Die geschätzte Zahl der Friesisch-Sprechenden liegt zwischen 4.000 und 10.000, je nachdem, wen man fragt. Worüber sich die meisten allerdings einig sind: Nordfriesisch soll geschützt und gefördert werden. „Bislang haben sich die Maßnahmen zum Schutz und zur Förderung der Sprache hauptsächlich auf den Schulunterricht konzentriert. Diese Maßnahmen, sowie das große Engagement der Friesisch Lehrkräfte, sind sehr wichtig und müssen natürlich weiterhin unterstützt werden. Doch auch die Übertragung der Sprache innerhalb der Familie – schon bevor Kinder in die Schule kommen – kann eine entscheidende Rolle für die Zukunft des Nordfriesischen spielen. Mit unserer Umfrage möchten wir genau dieses Thema näher untersuchen“, äußert die Forscherin.

Die Umfrage richtet sich an Eltern in Nordfriesland, die selbst Friesisch können – egal, ob sie es mit ihren Kindern sprechen oder nicht. Es soll ermittelt werden, welche Faktoren die Entscheidung beeinflussen, ob Friesisch in der Familie weitergegeben wird oder nicht – und ob es sprachbezogene Unterstützung gibt, die sich Eltern in Nordfriesland wünschen: zum Beispiel Broschüren mit Informationen über die Meilensteine der kindlichen Sprachentwicklung, Blogs über die besten Praktiken zur Förderung kindlicher Mehrsprachigkeit, friesische Kinderbücher, oder andere Arten von Ressourcen. „Besonders die Arten der Unterstützung, die sich Eltern wünschen, sind vermutlich nicht in allen Teilen Nordfrieslands identisch. Daher hoffen wir, dass möglichst viele Eltern aus dem gesamten Landkreis an unserer Umfrage teilnehmen. Umfängliches Wissen über die Wünsche und Bedürfnisse der Eltern ist von zentraler Bedeutung für die Entwicklung effektiver Unterstützungsmaßnahmen“, erklärt Ruth.
Pavlína hat, bevor sie zum ECMI kam, über Mehrsprachigkeit und Minderheitensprachen im Baskenland geforscht. „Durch ihren Hintergrund und ihr Wissen ist sie eine riesige Bereicherung für das Projekt“, freut sich Ruth – „und auch Tineke passt perfekt in unser Team“. Neben ihrem Studium arbeitet Tineke als Vertretungslehrkraft an der Boy-Lornsen-Schule, einer Modellschule für Friesisch auf Sylt, und leitet den Friesisch-Chor sowie zwei weitere Friesisch-Lernzeiten auf der Insel. Mit ihrem Hintergrund in interkultureller Kommunikation und ihrem großen Interesse, was das Thema Spracherwerb angeht, ist Katharina die ideale Ergänzung des Teams. Mehr Informationen über das Forschungsteam sowie über das Projekt (welches Teil des Forschungsbereichs Minderheitenfragen in der Dänemark-Deutschland Grenzregion ist) sind auf der Projektseite zu finden.
In Nordfriesland lebende Eltern, die Friesisch können – egal, wie gut und egal, ob sie die Sprache an ihr Kind weitergeben oder nicht – sind herzlich eingeladen, an der Umfrage teilzunehmen. Insbesondere werden Eltern von Kindern gesucht, die noch nicht zur Schule gehen. Wenn dies auf Sie zutrifft, nehmen Sie gerne an der Umfrage teil – und leiten Sie die Information gerne an andere Interessierte weiter!
https://bit.ly/UmfrageElternNordfriesland
Die Umfrage ist anonym; als Dank für ihre Zeit haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Möglichkeit, an einer Verlosung von Geschenkgutscheinen des Nordfriisk Instituut Webshops teilzunehmen.