Der Friesenrat als Dachverband der friesischen Vereine und Verbände teilt mit großer Trauer das plötzliche Ableben seiner langjährigen Vorsitzenden Ilse Johanna Christiansen mit.
Die engagierte Psychologin hat den Friesenrat seit 2013 als Vorsitzende geprägt und verändert. Viele der friesischen Vorhaben tragen ihre Handschrift. Sie war die treibende Kraft hinter dem Bemühen, das friesische Biikebrennen in die Liste des deutschlandweiten immateriellen Kulturerbes der Unesco eintragen zu lassen. Das glückte am 12. Dezember 2014 und hat unter anderen dazu beigetragen, das Biikefest in ganz Nordfriesland weiter zu verbreiten.
Ilse Johanna Christiansen ist in Fahretoft als Arbeiterkind geboren, wie sie selbst erzählte. Ihr Vater war Wasserbauwerker beim Sielverband, was ihre große Liebe zum Wasserbau erklärt, die sich bei der engagierte Friesin auch in dem einen oder anderen Amt niederschlug, zum Beispiel im Vorstand des Wasserverbandes Nord.
Ilse Johanna Christiansen hat sich in einer eher traditionell geprägten Welt durchzusetzen gewusst und die friesischen Anliegen immer mit großer Energie und Tatkraft vorgetragen. Als erste Frau an der Spitze des Friesenrates hat sie sich nie einschüchtern lassen. Sie hat im wahrsten Sinne des Wortes Flagge gezeigt.
Dabei hat sie in besonderer Weise verstanden, Menschen miteinander ins Gespräch zu bringen. Der alljährliche Biike-Empfang wurde unter ihrer Ägide zu einem festen Termin vieler Politikerinnen und Politiker sowie Minderheitenvertretern weit über Nordfriesland hinaus. Alle kamen gerne nach Nordfriesland, um sich auf dem Empfang zu informieren und sich fürs Friesische zu engagieren. „Es ist etwas Besonderes, Friesin zu sein“, sagte Ilse Johanna Christiansen bei vielen Gelegenheiten. Sie hat die friesische Sache sichtbar gemacht und dafür gilt ihr unser Dank. Noch im Januar feierte sie mit vielen Gästen ihren 70. Geburtstag in ihrer typischen Art, indem sie Mitstreiter, Freunde, Familie und Nachbarn an einen Tisch brachte.
Die leidenschaftliche Radfahrerin hat mitten in einem Sommer der Minderheiten die politische Bühne verlassen. Sie hatte als amtierende Vorsitzende des Interfriesischen Rates, dem Zusammenschluss der Friesenräte in Nord-, Ost- und Westfriesland, die Planung des Interfriesischen Kongresses auf Sylt übernommen, der am 31. Mai eröffnet wird. Leider kann die Initiatorin nicht mehr dabei sein. Die Fußball-EM der Minderheiten, die Europeada 2024, wird ebenso ohne Gastgeberin auskommen müssen, wie der Kongress der Organisation der europäischen Minderheiten, FUEN, im September in Husum.
Ilse Johanna Christiansen hat die friesische Sache auf der Bundesebene entscheidend vorantreiben können. Als Mitglied im Minderheitenrat hat sich die Friesin niemals als Vertreterin der zahlenmäßig kleinsten der autochthonen Minderheit in Deutschland verstanden, sondern als ebenbürtige Mitstreiterin für die Gleichstellung aller Minderheiten. Ilse Johanna Christiansen war sich nicht zu schade, auch lautstark für die nötigen Mittel zu streiten. Von echten oder vermeintlichen Autoritäten zeigte sie sich immer unbeeindruckt.
Als Rentnerin hat Ilse Johanna Christiansen ihren neuen Freiraum genutzt, um die Vernetzung der Minderheiten voranzutreiben. Das Minderheitenkompetenznetzwerk, in dem der Austausch der Minderheiten europaweit vorangetrieben wird, wurde v on ihr mitinitiiert. Außerdem war sie Mitglied im Dialogforum Norden, das sich der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit widmet.
Unser Mitgefühl gehört ihrer Familie. Wie werden ihr Andenken bewahren.
Heinrich Bahnsen,
stellv. Vorsitzender, Frasche Rädj / Friesenrat Sektion Nord